Thomas Manns epochaler Roman von 1924 erzählt von der illustren Welt eines kranken europäischen Bürgertums mit Hang zur theatralischen Selbstdarstellung. Ort der Handlung ist eine Lungenheilstätte. Sie ist ein internationaler Ort, da sich hier Menschen aus der ganzen Welt treffen. Erst die Krankheit macht sie alle gleich. Es ist die Ironie der deutschen Literaturgeschichte, daß der Gedanke des Internationalen hier, im Sanatorium, in einer pathologischen Variante auftaucht.

Thomas Mann, der selbst keine Theaterstücke geschrieben hat, erfindet hier ein Theater par excellence: Der Zauberberg ist ein Ort stillstehender Zeit und zugleich ungebremster Phantasien. Seine Insassen inszenieren sich selbst, greifen abseits ihres Alltags zu Pathos und Theatralik, Körper und Träume liegen bloß, erst in der Krankheit kommt die Körpersprache zum Durchbruch.

Die "inszenierte" Welt ist eine virtuelle Welt neben der Welt der medizinischen Technik, der Realität von Untersuchungen und Exploration des tuberkulösen Körpers. Reales und Irreales vermischen sich, wie realer und irrealer Ort ineinander übergehen: aus dem Sanatorium wird der "Zauberberg", der virtuelle Raum, eine Form des virtuellen Theaters, in dem jeder seine eigene Körperinszenierung vorantreibt.

Thomas Manns Roman ist darüber hinaus selbst ein kritischer Spiegel der Moderne im technischen Zeitalter. In den zeitgeschichtlichen Exkursen des Romans werden Möglichkeiten und Grenzen des technologischen Fortschritts diskutiert und wird nach den Überlebenschancen des humanistischen Menschenbildes der europäischen Philosophie und Kultur gefragt.